Gewässerraumprojekt Kanton Zürich

Methodik
Ist eine asymmetrische Ausscheidung des Gewässerraums auch ausserhalb des «dicht überbauten» Gebiets möglich?

Ja, der Gewässerraum kann auch ausserhalb des «dicht überbauten» Gebiets asymmetrisch ausgeschieden werden, sofern dadurch in der Summe nachweislich eine bessere Lösung resultiert (Gewährleistung des Hochwasserschutzes inkl. Gewässerunterhalt, Schaffung eines Mehrwerts bei der Revitalisierung, Förderung der Artenvielfalt und Verbesserung der ökologischen Vernetzung, Optimierung hinsichtlich Anordnungsspielraum bei bestehenden Bauten und Anlagen).

Wie stark kann im «dicht überbauten» Gebiet der Gewässerraum an offenen Fliessgewässern reduziert werden?
Bei Gewässerabschnitten ohne Hochwassergefährdung:

Eine Reduktion des Gewässerraums ist bis auf die im Rahmen von Schritt 4 (Reduktion prüfen) nachweislich ermittelte Mindestbreite zur Durchleitung eines HQ100 plus Freibord resp. eines HQ300 plus Freibord möglich.

Bei Gewässerabschnitten mit Hochwassergefährdung:

Bei einer vorhandenen Hochwassergefährdung ist der Gewässerraum grundsätzlich mindestens auf die Breite gemäss Schritt 2 («Minimaler Gewässerraum») auszuscheiden, es sei denn, aus der Querprofilbetrachtung in Schritt 3 («Hochwasserschutz») resultiert ein höherer Raumbedarf als die Breite gemäss Schritt 2 («Minimaler Gewässerraum»). In diesem Fall ist mindestens der ermittelte Raumbedarf gemäss Schritt 3 («Hochwasserschutz») auszuscheiden.

Eine Reduktion des Gewässerraums unter die Breite gemäss Schritt 2 («Minimaler Gewässerraum») ist in der Regel nur möglich, wenn ein Wasserbauprojekt auf Stufe Vorprojekt vorliegt, welches nachweist, dass die Durchleitung eines HQ100 plus Freibord resp. eines HQ300 plus Freibord dank baulichen Hochwasserschutzmassnahmen (inkl. Berücksichtigung Gewässerunterhalt) im reduzierten Gewässerraum sichergestellt ist.

Der verbleibende Gewässerraum muss in jedem Fall den Hochwasserschutz gewährleisten und minimale ökologische Funktionen wahrnehmen und nur so weit beansprucht werden, wie dies zwingend nötig ist.

Inwiefern können Hochwasserschutzprojekte bei der Gewässerraumausscheidung berücksichtigt werden?

Hochwasserschutzprojekte können nur berücksichtigt werden, wenn mindestens ein Wasserbauprojekt auf Stufe Vorprojekt vorliegt.

Wie muss bei der Überprüfung hinsichtlich Erhöhung des Gewässerraums zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes vorgegangen werden?

Anhand der Gefahrenkarte wird geprüft, ob am betroffenen Abschnitt eine Hochwassergefährdung vorliegt. An allen Abschnitten, an denen laut Gefahrenkarte Austritte auftreten können, ist ein Hochwasserschutznachweis erforderlich. Dies umfasst sowohl Kapazitätsengpässe am offenen Gerinne, als auch Austritte an Durchlässen, Brücken und Eindolungen. Dabei ist bei einer identifizierten Punktschwachstelle der Hochwasserschutznachweis in der Regel auch für die ober- und unterhalb angrenzenden Abschnitte zu erbringen. Dadurch wird sichergestellt, dass auch allfällig vorhandene Gerinneschwachstellen ober- und unterhalb von Punktschwachstellen überprüft werden. Anhand Querprofil-Betrachtungen (gemäss den Vorgaben in Schritt 3 («Hochwasserschutz»)) ist zu klären, welcher Raumbedarf zur Durchleitung eines HQ100 plus Freibord resp. eines HQ300 plus Freibord inkl. Unterhaltsstreifen erforderlich ist. Für das Siedlungsgebiet gilt in der Regel HQ100 als Schutzziel. Ist gemäss kantonaler Risikokarte das Hochwasserrisiko im betrachteten Gebiet mittel bis hoch, so ist HQ300 als massgebender Abfluss für die Querprofil-Betrachtung anzuwenden. Liegen Sonderrisiko-Objekte in der Gefährdungszone ist ebenfalls HQ300 als massgebender Abfluss für die Querprofilbetrachtung zu verwenden. Die Querprofil-Betrachtungen sind an einem betroffenen Abschnitt jeweils punktuell und an einer oder mehreren repräsentativen Stellen vorzunehmen. Dabei sollen Stellen berücksichtigt werden, welche das geringste Gefälle im Abschnitt aufweisen.

Werden vom Bund Arbeitshilfen zur Gewässerraumausscheidung zur Verfügung gestellt?

Die betroffenen Bundesämter (BAFU, ARE und BLW) haben in Zusammenarbeit mit der BPUK-Austauschplattform Gewässerraum, in der die jeweils relevanten Fachstellen der Kantone vertreten sind, die Arbeitshilfe «Gewässerraum. Modulare Arbeitshilfe zur Festlegung und Nutzung des Gewässerraums in der Schweiz» erarbeitet und am 13. Juni 2019 verabschiedet. Die beiden Merkblätter «Gewässerraum im Siedlungsgebiet» (2013) und «Gewässerraum und Landwirtschaft» (2014) gelten nicht mehr.

Anordnung des Gewässerraums
Inwiefern müssen Grundwasserschutzzonen bei der Gewässerraumausscheidung berücksichtigt werden?

Tangierte Grundwasserschutzzonen sind im technischen Bericht zu nennen. Es muss bei der Ausscheidung keine Rücksicht auf diese genommen werden. Die Abstimmung mit der Abteilung Gewässerschutz erfolgt im Rahmen der kantonalen Vorprüfung.

Inwiefern müssen belastete Standorte bei der Gewässerraumausscheidung berücksichtigt werden?

Im Kataster der belasteten Standorte (KbS) bezeichnete Flächen dürfen grundsätzlich im Gewässerraum zu liegen kommen. Im Hinblick auf ein künftiges Wasserbauprojekt soll jedoch die insgesamt beste Lösung im Rahmen der Interessenabwägung (Schritt 5, «Schlussprüfung») gefunden werden, bei der, unter Berücksichtigung des Belastungsgrads, möglichst wenig belastete Flächen im Gewässerraum zu liegen kommen.

Soll der Gewässerraum auch ausgeschieden werden, wenn das Gewässer einseitig an Landwirtschaftsgebiet (oder Wald) grenzt, oder wenn das Gewässer zwischen zwei Siedlungsgebieten durch ein kurzes Stück Landwirtschaftsgebiet (oder Wald) verläuft, oder wenn das Gewässer kurz vor/nach dem Siedlungsgebiet entspringt resp. in einen grösseren Fluss mündet?

Wenn ein Gewässer die Grenze zwischen dem Siedlungs- und dem Landwirtschaftsgebiet bzw. zwischen dem Siedlungsgebiet und dem Wald bildet, wird der Gewässerraum beidseitig ausgeschieden. Die Ausscheidung eines Gewässerraums wird empfohlen, wenn das Gewässer vollständig in der Landwirtschaftszone liegt, der potenzielle Gewässerraum aber Siedlungsgebiet tangiert. Um ein kleinteiliges Stückwerk von Gewässerräumen zu vermeiden, soll auch für weniger als 300 m lange Gewässerabschnitte (sogenannte «Verbindungsabschnitte») zwischen zwei durch Landwirtschaftsgebiet oder Wald getrennte Siedlungsgebiete einen Gewässerraum ausgeschieden werden. Wenn ein Gewässer kurz vor/nach dem Siedlungsgebiet in der Landwirtschaftszone oder im Wald entspringt, oder in ein grösseres Gewässer einmündet oder die Gemeindegrenze übertritt, soll einen Gewässerraum ausgeschieden werden, um ebenfalls ein kleinteiliges Stückwerk von Gewässerräumen für die spätere Gewässerraumausscheidung ausserhalb des Siedlungsgebiets zu vermeiden. Bei landwirtschaftlich genutzten Freihaltezonen, welche sich weitab vom übrigen Siedlungsgebiet befinden, soll vorderhand keine Ausscheidung und Festlegung des Gewässerraums vorgenommen werden. Die Festlegung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt mit der Festlegung des Gewässerraums im Nicht-Siedlungsgebiet

Wie muss der Gewässerraum an Gemeindegrenzen ausgeschieden werden?

Wenn ein Gewässer entlang der Grenze zwischen zwei Gemeinden verläuft, ist der Gewässerraum beidseitig auf beiden Gemeindegebieten auszuscheiden. Die betroffenen Gemeinden müssen das Verfahren (öffentliche Auflage, Publikation etc.) entsprechend koordinieren.

Wie muss die Gewässerraumlinie ausgerichtet werden? Gibt es Möglichkeiten die im Gewässerraum zu liegenden Gebäude zu «umfahren»?

Die Gewässerraumlinie wird grundsätzlich parallel zur Gewässerachse ausgerichtet. Im Rahmen einer Harmonisierung oder asymmetrischen Anordnung kann unter Umständen ein sinnvoller und in sich homogener Gewässerraum ausgeschieden werden, welcher vorhandene Gebäude ausnimmt, aber immer noch ausreichend gross ist. Ein zickzackartiges Ausnehmen («Umfahren») von Gebäuden, welche im Gewässerraum zu liegen kommen, ist nicht erlaubt.

Wasserrechtsanlagen
Müssen auch Wasserrechtsanlagen (WR-Anlagen) im Rahmen der Gewässerraumausscheidung berücksichtigt werden?

Auch bei künstlich angelegten Gewässern (z.B. Wasserrechtsweiher und Wasserrechtskanäle im Nebenschluss) ist der Gewässerraum resp. der Verzicht auf einen Gewässerraum festzulegen. Das Vorgehen für die Gewässerraumausscheidung bei künstlich angelegten Gewässern ist in der Informationsplattform Gewässerraum dargelegt. Weitere Informationen finden sich auch im Merkblatt «Geodaten und Darstellungsvorgaben für den Gewässerraumplan».

Eindolungen und Durchlässe
Muss auch bei Durchlässen (z.B. Strassenquerungen o.ä.) und Eindolungen ein Gewässerraum ausgeschieden werden?

Ja, bei Durchlässen (z.B. Gleisanlagen, Strassenquerungen), Überdeckungen und Eindolungen ist grundsätzlich ein Gewässerraum auszuscheiden. Ein Verzicht ist unter Umständen bei künstlich angelegten und eingedolten Gewässern möglich. Die Bewirtschaftungseinschränkungen (etwa Dünger- und Pflanzschutzmittelverbot) nach Art. 41c GSchV gelten nicht im Gewässerraum von eingedolten Fliessgewässern (gemäss Art. 41c Abs. 6 lit. b GSchV, solange die Eindolung weiterbesteht).

Gemäss Informationsplattform Gewässerraum kann bei «sehr tief liegenden» Dolen im Rahmen der Überprüfung des Raumbedarfs aus Sicht Hochwasserschutz auf eine Querprofil-Betrachtung verzichtet werden. Ab wann kann von «sehr tief liegenden» Dolen gesprochen werden?

Es ist fallweise, je nach topografischen und weiteren ortsspezifischen Gegebenheiten zu beurteilen, ob eine «sehr tiefe» Lage der Dole vorliegt. Bei der Beurteilung ist auch die Möglichkeit einer Offenlegung der Dole, indem das Bachbett angehoben wird, in Betracht zu ziehen.

Technische Anforderungen und Geodaten (vgl. Merkblatt)
Wie wird die Gewässerachse bei Bachaufweitungen, Parallelgewässern oder Flussinseln definiert?

Die Gewässerachse, die als Grundlage für die Gewässerraumausscheidung verwendet wird, ist bei grösseren Bachaufweitungen im Einzelfall zu definieren und darzulegen.
Bei Parallelgewässern (Gewässerverzweigungen) ist je nach Abstand zwischen den beiden Parallelläufen die Gewässerachse mittig durchzuziehen (geringer Abstand zwischen den Parallelläufen, Flussinseln) oder für jeden Parallellauf eine separate Achse (grosser Abstand zwischen den Parallelläufen) anzunehmen. Der Entscheid für eine der beiden Varianten muss fallweise getroffen und begründet werden.

Wie wird die Gewässerachse bei Bachaufweitungen, Parallelgewässern oder Flussinseln definiert?

Die Gewässerachse, die als Grundlage für die Gewässerraumausscheidung verwendet wird, ist bei grösseren Bachaufweitungen im Einzelfall zu definieren und darzulegen.
Bei Parallelgewässern (Gewässerverzweigungen) ist je nach Abstand zwischen den beiden Parallelläufen die Gewässerachse mittig durchzuziehen (geringer Abstand zwischen den Parallelläufen, Flussinseln) oder für jeden Parallellauf eine separate Achse (grosser Abstand zwischen den Parallelläufen) anzunehmen. Der Entscheid für eine der beiden Varianten muss fallweise getroffen und begründet werden.

Inwiefern müssen punktuelle Verbreiterungen der Gerinnesohle berücksichtigt werden?

Bei geringfügigen punktuellen Verbreiterungen der Gerinnesohle (z.B. wegen eines Kiessammlers oder bei Ausbuchtungen) ist im Sinne der Generalisierung keine entsprechende Verbreiterung des Gewässerraums erforderlich.

Wie sollen die Polygone des Gewässerraums dargestellt werden, wenn sich die Gewässerräume von Haupt- und Seitengewässer überlagern (GIS-Daten)?

Bei einmündenden Seitengewässern wird jeweils das Gewässerraum-Polygon des einmündenden Gewässers durch das Gewässerraum-Polygon des Hauptgewässers begrenzt. Die Gewässerraum-Polygone dürfen sich nicht überlagern. Wurde für das Hauptgewässer noch kein Gewässerraum ausgeschieden und ist folglich noch kein Gewässerraum-Polygon für das Hauptgewässer vorhanden (z.B., weil Hauptgewässer in kantonaler Zuständigkeit), ist der Gewässerraum des einmündenden Gewässers bis zur Gewässerachse des Hauptgewässers durchzuziehen. Die Bereinigung erfolgt anschliessend durch die kantonale GIS-Stelle. Es wird dabei auf das Merkblatt «Geodaten und Darstellungsvorgaben für den Gewässerraumplan» vom 6. November 2020 verwiesen.

Ist der Einsatz von Kreisbögen für die Darstellung des Gewässerraums möglich?

Wenn der Gewässerraum auf Grundstücks-, Gemeinde- oder Landesgrenzen harmonisiert wird, die Kreisbögen enthalten, dann ist der Einsatz von Kreisbögen erlaubt

Können zick-zack-artige Linien generalisiert werden? Wenn ja, gibt es eine Regel bis zu welchem Punkt generalisiert werden darf resp. ab wann von einer asymmetrischen Anordnung gesprochen wird?“

Grundsätzlich soll die Gewässerraumlinie wo sinnvoll generalisiert werden, wobei Generalisierungen immer begründet, nachvollziehbar beschrieben resp. dokumentiert (mit Angabe von Zwischenwerten) werden müssen. Betroffene Grundeigentümer sind dabei möglichst gleich zu behandeln (Opfersymmetrie). Bei «kritischen» Fällen wird empfohlen die Situation vor Ort zu überprüfen. Auch eine Generalisierung der Gewässerraumpolygone (GIS; «Glättung» Polygone) ist möglich, indem darauf geachtet wird, dass das Polygon nicht zu viele Stützpunkte (vertices) aufweist.
Die Linie der Gewässerachse darf nicht generalisiert werden. Nimmt der Planungsträger Änderungen an der Gewässerachse vor, so sind die neu konstruierten Gewässerachsen als Liniendatensatz zusammen mit dem Geodatensatz der Gewässerräume abzugeben und es ist bei der Abgabe explizit darauf hinzuweisen.

Sind während der Abschnittsbildung (Schritt 1) Verallgemeinerungen möglich?

Bei der Generalisierung während der Abschnittsbildung (Schritt 1) sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Keine neuen Abschnitte bei Durchlässen
  • Keine neuen Abschnitte, wenn nicht markant unterschiedliche Gewässercharakteristika vorliegen
    Die Abschnittsbildung hat so detailliert zu erfolgen, dass möglichst überall dort, wo sich gemäss Schritt 2, 3 und 4 Abweichungen bei der Gewässerraumbreite ergeben würden, eigene Abschnitte definiert sind. Die Abschnittsbildung stellt, wie die gesamte Gewässerraumausscheidung, ein iterativer Prozess dar.
Wie werden mit der Vorlage des GIS-Datensatzes für den Gewässerraum Bemassungen und Koordinatenpunkte (gemäss den Darstellungsvorgaben für den Gewässerraumplan) erfasst?

Neben Polygonen werden keine weiteren Feature Classes erfasst. Bemassung und Koordinatenpunkte dienen lediglich z.H. der öffentlichen Auflage und sind nur auf den gedruckten Plänen sichtbar, aber nicht in den Geodaten.

Dokumentation (technischer Bericht / Plandarstellung)
Gibt es Vorgaben, wie der Gewässerraumplan gestaltet sein muss?

Für den Gewässerraumplan (sowie für die Geodaten) sind die Vorgaben aus dem Merkblatt «Geodaten und Darstellungsvorgaben für den Gewässerraumplan» vom 6. November 2020 einzuhalten. Das entsprechende Merkblatt sowie Musterpläne zum Gewässerraum in einem nutzungsplanerischen Verfahren, im vereinfachten Verfahren sowie im Verfahren zur Festlegung von Wasserbauprojekten können auf der Webseite des Kantons Zürich (unter Planen & Bauen → Wasserbau → Gewässerraum) oder über die Informationsplattform Gewässerraum (Hilfsmittel → Formulare, Vorlagen und Merkblätter) bezogen werden.

Gibt es hinsichtlich der Terminologie spezielle Vorgaben?

Der Gewässerraum gilt als festgelegt, sobald er rechtskräftig ist. Solange der Gewässerraum noch nicht rechtskräftig festgelegt wurde, wird von einer Gewässerraumausscheidung gesprochen.